Der Wanderweg am Müglitz-Hang entlang zu Bastei und Pilz war
völlig intakt. Von der Bastei aus hatte man einen Überblick
über die Zerstörungen in der Dresdner Straße in Richtung
Glashütter Bahnhof:
Über den Zustand der
Uhrenindustrie berichtete n-tv
am 22.08.02:
Glashütte baut wieder
auf - Uhrmacher mit Schaufeln
Die Zeiten in der Stadt
der Uhren und Feinmechanik haben sich geändert: In der sächsischen
Provinz in Glashütte haben die Uhrmacher nach der
Flutkatastrophe Lupe und Pinzette gegen Schaufel und Besen
eingetauscht. Das Städtchen am Fuße des Osterzgebirges, das
durch seine Uhrmacherzunft internationales Ansehen errang, hat
sein beschauliches Aussehen verloren. Seit einer Woche ist der
rund 2.500 Einwohner zählende Ort mit vereinten Kräften dabei,
das gröbste Unheil zu beseitigen. Doch die Schneise der Verwüstung
von Prießnitz und Müglitz, die ganze Straßen, Brücken und Häuser
mit sich rissen, hat sich unübersehbar durch die Stadt
geschlagen.
Die Flut suchte Glashütte
als eine der ersten Ortschaften heim. Die
"Uhrmachermeile", an der bekannte Hersteller
renommierter Luxusmarken zu finden sind, kam dabei wie durch ein
Wunder noch glimpflich davon. "Es gibt uns noch", sagt
Roland Schwertner, während sein Jeep über die Schotterpiste
holpert - vorbei an umgestürzten Bäumen, aufgerissenem Asphalt
und aufgetürmten Geröllmassen. Im Uhrenbetrieb Nomos Glashütte
des 49-Jährigen ruht voraussichtlich bis übernächste Woche
die Produktion.
Am Nomos-Standort in der
Altenberger Straße setzten die Wassermassen den Keller und
teilweise auch das Erdgeschoss unter Wasser. Den Schaden schätzt
Schwertner auf rund 150.000 Euro. Ein Großteil seiner 48
Mitarbeiter packt derzeit bei den Aufräumarbeiten in der Stadt
mit an, kämpft gegen Schlamm und Staub. "Wir profitieren
beim Geschäft vom guten Namen, den Glashütte hat. Jetzt sind
die Zeiten da, in denen wir etwas für die Stadt tun müssen",
sagt Schwertner, der auch den Verein "Spendenhilfe Glashütte"
mit ins Leben rief.
"Wir hatten sehr viel
Glück", meint auch der Chef der Glashütter Uhrenbetrieb
GmbH, Heinz W. Pfeifer, angesichts der ansonsten ringsum
immensen Schäden in der Stadt. Beim Luxusuhrenhersteller Glashütte
Original, der zur Swatch-Gruppe gehört, stand das Wasser etwa
30 Zentimeter im Erdgeschoss. Nur wenige Fertigungsanlagen seien
in Mitleidenschaft gezogen worden. Alles in allem schätzt Glashütte
Original mit seinen 220 Mitarbeitern den Produktionsausfall auf
zwei Wochen. Das Hauptproblem sieht Pfeifer in der zerstörten
Infrastruktur. "Das ist alles so unwirklich. Wir wurden
hier mit etwas konfrontiert, was es eigentlich nicht gibt",
versucht Pfeifer das Unfassbare zu beschreiben.
Auch die nur wenige Meter
entfernte Lange Uhren GmbH ist noch einmal davon gekommen. In
drei bis vier Wochen, schätzt Geschäftsführer Hartmut Knothe,
werden die elektronisch-technischen Schäden behoben sein, die
durch die überfluteten Kellerräume im Stammhaus entstanden
sind. "Wir waren in Glashütte einige Tage von allem
abgeschnitten", erinnert sich Knothe. Ein Drittel der 289
Mitarbeiter sei persönlich von der Flut betroffen. Trotzdem
habe Lange mit Einschränkungen die Fertigung von exklusiven
Zeitmessern bereits wieder aufnehmen können. "Die Kunden
werden kaum etwas merken", versichert Knothe.
Bei dem einzigen
Familienbetrieb in der hiesigen Uhrenfertigung, der
Mühle-Glashütte
GmbH, drückte das Wasser durch das Mauerwerk. "Acht Tage
Produktionsausfall und etwa 111.000 Euro Schaden",
beziffert Hans-Jürgen Mühle, der die kleine Firma in vierter
Generation führt, die Folgen der Flut. "Uns haben viele
Freunde und Bekannte geholfen." Mühle stellt nicht nur
Armband-, sondern auch Schiffsuhren her. "Wir hatten
riesiges Glück, aber die Sächsische Uhrentechnologie, die hat
es ganz schlimm erwischt", sagt Mühle und weist an das
andere Ende der Straße.
Dort steht Geschäftsführer
Ronald Boldt vor den Trümmern seiner Existenz. Vor drei Jahren
erst gründete er die Sächsische Uhrentechnologie GmbH, die
unter anderem für Mühle Gehäuse fertigt. Nach der Flut steht
dem 55-Jährigen nun auch finanziell das Wasser bis zum Hals.
Die Maschinen waren nicht zu retten, doch die Kredite darauf
laufen weiter. Zudem drohen bei einem längeren Betriebsausfall
die Kunden wegzulaufen. Trotzdem will der Feinmechaniker nicht
aufgeben: "Wir können nichts anders als
weitermachen."
Annett Markschat, dpa
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